Aus: Mitten in die Elf
Zum Entsetzen seiner Schwester bot Jonas seinem Besuch auf den Schreck etwas zu trinken an. Und obwohl Sarah einen unsicheren Blick auf Chrissi warf, bat sie ihn um ein Wasser. Chrissi nutzte die Chance, stellte ihren Laptop auf dem Couchtisch vor dem Sessel ab und setzte sich selbst zu Sarah auf die Couch. Jonas, der zurück ins Wohnzimmer kam, stutzte, besah sich die Anordnung und zuckte mit der Schulter. Er verteilte Untersetzer auf dem Couchtisch, die er unter dem Tisch hervorholte, stellte die Gläser darauf und schenkte für jeden von ihnen etwas ein. Dann ließ er sich auf seinem Sessel nieder. Mit dem Zeigefinger strich er über das Touchpad, um den Bildschirmschoner zu deaktivieren. Hatte ihm gerade noch die Frage auf der Zunge gelegen, wo das Problem lag, war es nun nicht zu übersehen.
Chrissi hatte gespannt auf ihren Bruder gestarrt, der jetzt erstaunt seinen Blick hob und zu ihr rüber sah. Dass sie rot wurde, passierte ihr eigentlich nicht so oft, doch jetzt war so eine Gelegenheit. Schmunzelnd richtete Jonas seine Aufmerksamkeit wieder auf den Laptop. „Ich nehme an, du möchtest das weghaben?“
„Was wohl sonst, du Schlaumeier“, giftete sie ihn an, was er nur mit einem leichten Lachen kommentierte. Chrissi strich sich genervt durch ihr dunkelblondes Haar und beschloss, Sarah abzulenken, damit sie hoffentlich nichts von ihrem Missgeschick mitbekam. „Wie konnte es passieren, dass du an meinem Bruder hängengeblieben bist?“
„Äh …“, Sarah fiel nichts Passendes ein.
Jonas kam ihr zur Hilfe. Tonlos erklärte er, während er auf den Bildschirm starrte und auf der Tastatur herumtippte, „du hast so hektisch geklingelt. Ich wollte an Sarah vorbeieilen und schon ist es passiert.“
Chrissi stutzte. Sie hatte auf eine spannendere Erklärung gehofft. Doch nun erzählte Sarah auch noch, dass sie gemeinsam Kuchen gegessen hatten und sie ihren Teller in die Spülmaschine gestellt hatte, als die Klingel gegangen war.“
Jonas räusperte sich. „Sag mal, hast du hier irgendetwas drauf, was du noch behalten möchtest?“
„Ja! Bilder und ein paar Dokumente. Warum?“
„Ich glaube, es ist einfacher, alles platt zu machen.“
Entsetzt starrte Chrissi ihn an. „Muss das sein? Kannst du meine Bilder nicht irgendwie retten?“
„Vielleicht. Ich hole eine Disc.“ Als er wieder zurückkam, überkam ihn erneut ein Kichern. „Dass du damit zu mir kommst … Dir ist schon klar, dass mir das einen Vorteil verschafft, oder?“
Flehentlich schoben sich Chrissis Augenbrauen zusammen. „Wo hätte ich damit denn hingehen sollen? Meinst du, ich präsentiere das in einem Fachgeschäft?“
Jonas wurde von seinem unterdrückten Lachen geschüttelt. „Die Gesichter hätte ich sehen wollen.“
„Schön, dass dich mein Problem so amüsiert.“
„Würde ich auf Pornoseiten surfen wollen, würde ich dich fragen, welche ich meiden sollte. So einen Virus würde ich mir nicht einfangen wollen.“
„Jonas! Du Arsch!“ Chrissis Wangen glühten rot.
„Sorry, ich finde das einfach zu komisch.“ Endlich konnte er sich mal für die Attacken seiner Schwester an ihr rächen.
Chrissi vergrub ihr Gesicht in ihren Händen.
„Hey, das muss dir nicht peinlich sein“, Sarah berührte Jonas große Schwester an der Schulter. „Es gibt wirklich Schlimmeres. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche.“ Sie fing Jonas Blick auf, den er ihr kurz über den Bildschirm hinweg zuwarf, aber schnell wieder auf den Laptop richtete.
Doch Chrissi schüttelte den Kopf, das Gesicht immer noch bedeckt. „Das ist mir so peinlich. Dabei war es gar nicht meine Schuld.“
„Das sagen sie alle“, war Jonas wenig hilfreicher Kommentar. Chrissi verzichtete darauf, ihn darüber aufzuklären, wie Sandra und Tanja von solchen Seiten im Internet erzählt hatten und sie dann aus einer Laune heraus gemeinsam ein wenig gesurft hatten. „So wie ich dich kenne, war Alkohol im Spiel.“
Nun wurde sie aber wirklich wütend. Zumal er mit seiner Annahme goldrichtig lag.
Ein Kommentar zu „Rache ist süß …“